Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Lesedauer 6 Min.

So entsteht ein Premium-Weg

Premiumwanderwege wie die „Feenspuren“ im Schwäbisch Fränkischen Wald folgen strengen Qualitätsmaßstäben. Unsere Autorin Evelyn Scheer begleitet die beiden Architekten der „Feenspuren“ auf dem Premiumwanderweg „Höhenzauber“ bei Rudersberg.
Premiumwege
© Ralph Scheer

Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Wandern als Abenteuer, auf spannenden Pfaden, mit fantastischen Ausblicken, fesselnden Höhepunkten hinter jeder Kurve und einer dramaturgisch durchdachten Abfolge von Erlebnissen. Dramaturgie beim Wandern? Von der Idee bis zur Geburt des „perfekten“ Wanderweges geht es nicht nur um das „Inszenieren“ und abwechslungsreiche Landschaftseindrücke oder Ruhe- und Erlebnisstationen entlang der Route. Auch gilt es, den ein oder anderen Widerstand zu beseitigen und Skeptiker, ja Gegner, zu überzeugen. Wie in einem Theaterstück eben. Doch der Reihe nach.

Eigentlich ist der Mensch ein Naturwesen. Die meisten suchen den Ausgleich im Grünen und landen dabei manchmal auf Straßen, Schotterwegen oder in tristen Ortschaften. Entspannen können sich unter solchen Bedingungen wohl die wenigsten. Bekanntlich sind die Geschmäcker verschieden. Berge oder Meer, Wald oder Wiesen, komfortable Wege oder schmale Pfade. Und doch gibt es vieles, was fast alle Wandersleute präferieren oder verabscheuen. Diese Kriterien fließen in ein kompliziertes Punktesystem ein. Nur die Wege erhalten das begehrte Wandersigel Premiumweg des Deutschen Wanderinstituts, die „herausragenden Wandergenuss“ garantieren – gültig für drei Jahre, dann muss sich der Weg aufs Neue beweisen.

 

Blick auf eine Brücke aus dem 20. Jahrhundert
Für ihre perfekte Beschilderung erhalten Krautter und Hieber stets Bestnoten vom Wanderinstitut. © Ralph Scheer

Erst Bürokratie, dann Genuss

Zwei, die sich mit dem Erschaffen von Premiumwegen bestens auskennen, sind die „Architekten der Feenspuren“, wie sich Manfred Krautter und Walter Hieber selbst bezeichnen. Unter ihren Fittichen entstanden bereits acht Premiumwanderwege im Schwäbisch-Fränkischen Wald. Weitere sind in Arbeit. Krautter ist Professor der Geologie und Paläontologie sowie Pilzsachverständiger, Hiebers Background ist   Sozial-, Wildnis- und Erlebnispädagogik. Seit 18 Jahren sind beide auch Naturparkführer. Ein Dreamteam der Wanderwelt. Unter dem Label „Waldmeister“ konzipieren sie die Feenspuren.

Am Anfang steht der Wunsch der Region oder der Gemeinde, einen neuen Wanderweg zu entwickeln oder einen bestehenden Weg aufzuwerten und zertifizieren zu lassen – für eine unwiderstehliche Sogwirkung auf Wanderenthusiasten. Vor dem Genuss kommt die Bürokratie. Alles muss seine Ordnung haben: Machbarkeitsstudien, Abstimmungen mit Rathäusern und Gemeinderäten, Naturschutzbehörden, Privatwaldbesitzern – viele Interessen fließen in die Wegplanung ein. Forst BW hätte die Wanderer am liebsten „auf geschotterten Waldwirtschaftswegen, die beim Deutschen Wanderinstitut sogenannte Nullerwege sind, für die man keinen Punkt aber auch keinen Abzug bekommt“, erklärt Krautter und ergänzt: „Das sind so Autobahnen im Wald“. Langweilig also. Premiumwege sind Punktesammler. 34 Kriterien und etwa 200 Merkmale sind zu berücksichtigen – auf jedem einzelnen Wegkilometer. Alles, was das Wandererherz vor Freude hüpfen lässt, heimst Pluspunkte ein. Oder es eben abtörnt: Lärm, Langeweile, hässliche Anblicke, Barrieren oder mangelnde Sicherheit schlagen negativ zu Buche.

 

 

Zwei Wanderer auf einem Wanderweg im Grünen
Naturgenuss pur: Vom Aussichtspunkt Haube über weidende Kühe hinweg den Blick zur Schwäbischen Alb schweifen lassen. © Ralph Scheer

Natur, Planung und Emotion

Die Routenplanung ist nicht leicht. Wichtig ist der Pfadanteil. Asphalt gibt Abzug, „maximal 15 Prozent in der Gesamtstrecke dürfen es sein“. Auch 700 Meter am Stück seien ein K.-o.-Kriterium, sagt der Experte. Es gibt Menschen, die Wandernde lieber nur aus der Ferne sehen wollen: Jäger sträuben sich gegen Wandersleute „in ihrem besten Rehrevier“. Mountainbiker kämpfen für ihre oftmals nicht einmal genehmigten MTB-Trails wie hier am Berg Jux. Und dann sind da noch die Bedenken der Anwohner. „Jetzt kommen so viele und gucken mir auf die Kaffeetafel“, erklärt Hieber deren Sorgen und fügt lachend hinzu: „Wobei Wanderer ja meist verträgliche Leute sind“.

Krautters Blick schweift über den Weg, den die beiden „Waldmeister“ prüfend ablaufen, während sie nebenher die Beschilderung kontrollieren und den herumliegenden Müll aufsammeln. „Viele Entscheidungsträger sind involviert, die die ganze Sache verzögern können“, so Krautter. Der Premiumweg „Höhenzauber“ in Rudersberg verschlang drei Jahre von der Idee bis zur Einweihung. Und rund 20.000 Euro, „darunter geht es nicht“, sind sich die Wegearchitekten sicher. Alle zwei Kilometer muss eine Ruhebank kommen, Beschilderung, Zielwegweiser, Werbung: „Nach oben keine Grenze“. Die Gemeinde Gaildorf ließ sich die Aussichtsplattform an einem anderen Premiumweg 65.000 Euro kosten. Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt: „Nicht zu viele Installationen, die Natur soll für sich selbst sprechen“, lautet das Credo des Deutschen Wanderinstituts.

 

Eine Höhle mit einem Unterwassersee
„Auf sechs Kilometern muss es mindestens zwei deutlich erkennbare Kulissen wechsel geben“, kommentiert Hieber. © Ralph Scheer

Wer den Weg Höhenzauber beschreitet, sieht, dass sich der Aufwand gelohnt hat. Die beiden Aussichtspunkte Jux und Haube waren beim „Höhenzauber“ gleich zu Beginn gesetzt, beschreiben die Männer die Planung, musikalisch umrahmt vom Muhen der Kühe auf der Weide nebenan. Welch Idylle. Weil der Asphaltanteil zu hoch war, konnten sie den dritten Weitsichtort, den Wasserturm, nicht integrieren und behalfen sich mit einem beschilderten, optionalen Stichweg. Krautters Augen schweifen über die Baumstämme. Etwas fehlt. „Es muss Leute geben, die die Schilder sammeln“, wundert er sich. Die Planer entdecken einen fehlenden Wegweiser und rücken dem Stamm mit Schaber und Montagekleber aus ihrem Drahtkorb zu Leibe. Warum keine Nägel? „Weil der Baum jemandem gehört und das im Sägewerk Probleme machen würde“, so der Fachmann. Alle 200 Meter kleben sie ein „Beruhigungsschild“ auf einen Baum – für das gute Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein. Für ihre Beschilderung erhalten sie vom Wanderinstitut stets die volle Punktzahl. 

Eine Höhle mit einem Unterwassersee
Große Artenvielfalt am naturnahen Bachufer und auf den üppig blühenden Wiesen. © Ralph Scheer

Der Weg schmiegt sich eng an ein munter plätscherndes Bächlein, ein junger Specht lugt aus dem Loch des morschen Baumes und ruft bettelnd nach seinen Eltern. Glücksgefühle werden wach. Nach dem romantischen Waldabschnitt öffnet sich die Landschaft, es wird heller. Eine weitläufige Wiese mit Orchideen erscheint. Hieber kommentiert: „Auf sechs Kilometern muss es mindestens zwei deutlich erkennbare Kulissenwechsel geben“. Die gibt es: Wald, Wiesen, Schluchten und Aussichten bilden Kontraste. Blickfänge sind Mammutbäume und uralte Grenzsteine. Die Juxhöhle, eine 20 Meter lange Kunsthöhle, ist zwar für den Menschen verschlossen aber die Heimat von Geschöpfen der Nacht wie Mopsfledermaus oder Großes Mausohr. Einkehrmöglichkeiten sucht man vergeblich, doch Stärkung winkt aus einer in der Erde versenkten Aluminiumkiste: eine Selbstbedienungsstation der Streuobstschäferei, die ihre eigenen Produkte und Getränke wie das Bier „Schäfleshimmel“ anbietet.  

 

--> MEHR WANDERLUST: Inspirierenden Reportagen, Produkttests und Wissenswertem aus unserer heimischen Tier- und Pflanzenwelt gibt es in unserer Winterausgabe, Ausgabe 1/2026 und natürlich im Wanderlust-Abo! 6 x im Jahr. 

Hier sichern!

--> NEWSLETTER: Hier könnt ihr den Wanderlust-Newsletter bestellen und bekommt noch eine digitale Ausgabe mit unseren schönsten Touren gratis zum Download!

 

Wandern

Wo Natur zum Erlebnis wird

Wandern im Schwäbischen Wald ist ein Abenteuer. Mystische Schluchten, verwunschene Wälder und zerklüftete Felsen treffen auf kulturelle Höhepunkte. Acht Wander- und Spazierwege in Murrhardt, Sulzbach an der Murr, Welzheim, Rudersberg und Gaildorf wurden bisher in den Premiumrang erhoben. Die Region hat ambitionierte Ziele: Bis Januar 2026 möchte der Schwäbische Wald anlässlich seines 50. Jubiläums Premiumwanderregion werden.

www.feenspuren.de

wandern

Neueste Beiträge

Winter im Westallgäu - Winterwandern, Pilgern und Kräuterkurse
Im Winter kehrt auch im Westallgäu eine besondere Ruhe ein. Abseits der Skipisten erwarten dich idyllische Winterwanderwege und in der Adventszeit stimmungsvolle Spaziergänge durch festlich geschmückte kleine Ortschaften.
3 Minuten
Advent im Thüringer Wald - Historisch, kunstvoll, entschleunigend
Es dauert nicht mehr lange, dann öffnen überall wieder die Weihnachtsmärkte. Besonders stimmungsvollen wird es in den Burgen, Schlössern oder den malerischen Altstädten des Thüringer Waldes. Ob der „Historische Weihnachtsmarkt auf der Wartburg“ oder der „Märchen-Advent Schneeflöckchen“ auf Schloss Burgk.
4 Minuten
Neues aus der Wanderwelt - Herbst 2025
Neues aus der Wanderwelt. Warum sich die „Bastei“ gerade jetzt lohnt, Schneeleoparden-News und das schönste Dorf der Welt.
4 Minuten

Das könnte Dir auch gefallen

Klettern im Schwarzwald
Urgestein, griffiger Gneis, körniger Granit: Deutschlands höchstes Mittelgebirge besticht mit mehr als 100 Bergen, deren Gipfel zwischen 1000 und 1493 m (Feldberg) über dem Meeresspiegel liegen. Hier liegen alpines Flair, Felsen und Wände zum Hinaufklettern zum Greifen nahe.
6 Minuten
Wildes Lesbos - Traumpfade zu versteckten Klöstern
Sie ist landschaftlich sehr abwechslungsreich und vom Massentourismus weitgehend verschont geblieben: ­Lesbos, die drittgrößte griechische Insel. Am besten lernt man die Facetten dieser Insel bei Wanderungen kennen. Unser Autor Wolfgang Stelljes hat sich auf den Weg gemacht und Spannendes erlebt.
7 Minuten
Fit wandern ohne Gelenkschmerzen
So bleiben Knie, Hüfte und Co. auch auf langen Touren gesund: mit gezielter Vorbereitung und wirksamer Unterstützung von innen.
3 Minuten
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige