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Lesedauer 7 Min.

Fürstlich entlang der Lahn

Die Lahn kann man prima erwandern, erradeln und mit dem Kanu befahren – oder sich ihr ganz anders nähern: etwa über die Adelshäuser, die sich an ihren Ufern einst niederließen. Grafen, Fürstinnen, Prinzessinnen und Könige lebten oder weilten hier.
Sonnenuntergang über der an der Lahn gelegenen Burg
© shutterstock / Sina Ettmer Photography

Die Heirat war eine typische Fürstenehe. Geschlossen aus rein politischen Gründen. Doch glücklich war sie wohl nicht. So schrieb Philipp der Großmütige einst über seine Gattin Christine von Sachsen, er habe “nihe liebe oder brunstlichkeit zu ir gehabt, wie wol sie sust fromm, aber warlich sust unfreindtlich, heslich, auch übel geroch.” Oh je, ein wenig fragt man sich, wie er es trotzdem schaffte, zehn Kinder mit ihr zu zeugen. Vermutlich weil er sich ab 1540 in ein zweites Ehebett flüchten konnte. Da heiratete der gute Philipp nämlich seine 17-jährige Geliebte Margarethe von der Saale – bei gleichzeitigem Fortbestand der Ehe mit Christine. Die Reformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon billigten gar die Bigamie. Stadtführerin Doris Autzen neigt sich dezent zu mir hinüber und wispert: „Es heißt, Philipp habe drei Hoden gehabt. Deshalb sei sein Sexualtrieb besonders stark ausgeprägt gewesen. Am Schluss hatte er jedenfalls zwei Ehefrauen und neunzehn Kinder.“ 

Wir sitzen bei Kaffee und Kuchen auf der malerischen Terrasse des Bückingsgarten gleich unter dem mächtigen Landgrafenschloss von Marburg, in dem Philipp einst lebte. Schon 1485 stand an dieser Stelle, hoch über der schönen Altstadt, ein Haus. Ob es zu Zeiten Philipps wie heute eine Schankwirtschaft war, ist nicht bekannt, aber ich kann mir gerade sehr gut vorstellen, wie hier die feine Gesellschaft tafelte und sich dabei über die amourösen Eskapaden ihres Landesfürsten die Mäuler zerriss. Welcher Skandal! Philipp entstammte dem Hause Hessen, das sich im Laufe der Jahrhunderte immer wieder teilte, Marburg und dem Lahntal aber stets treu blieb. Doch es gab weitere Adelsgeschlechter, die sich am Lauf des Flusses wohlfühlten.

Altstadt Marburgs mit dem Renaissance Rathaus

In der Altstadt mit ihrem Renaissance-Rathaus tagte die Bürgerschaft, im Schloss hoch über der Stadt herrschten die Landgrafen des

Hauses Hessen über Marburg.

© Shutterstock / Sahara Prince

Bei Prinzens Zuhause

In Runkel etwa treffe ich auf eine echte Prinzessin. Die Lahn durchfließt hier das fruchtbare Limburger Becken. Das Tal weitet sich. Auen säumen die Ufer. Die vier mächtigen Segmentbögen der 1448 errichteten Lahnbrücke führen geradewegs in die idyllische Altstadt, über der in luftiger Höhe die wehrhafte Burg Runkel thront – das Zuhause von Prinzessin Felicitas zu Wied.

„Ihre Durchlaucht, Ihr Gast ist jetzt da“, meldet mich Andrea Stöhr telefonisch an. Seit 2001 arbeitet sie in der über 800 Jahre alten Burg, die der Öffentlichkeit zugänglich ist und verkauft Eintrittskarten an Besucher. Die aus der Zeit gefallene Anrede scheint sie nicht zu stören. „Nach über zwanzig Jahren hat man sich daran gewöhnt“, sagt sie achselzuckend und weist mich an, schon mal in den Hof der Unterburg zu gehen. Hier erhalte ich einen ersten Eindruck von den wuchtigen Mauern, die im Laufe ihrer Geschichte so manchem Angriff standhielten. Efeu klettert an den Fassaden empor, Rosen sprießen aus der Erde. Die üppig gefüllten Blumenkästen mit roten Geranien und weißen Malven deuten darauf hin, dass hier jemand gerne gärtnert. Es ist Prinzessin Felicitas, geborene Freifrau zu Pahlen, die mich kurz darauf herzlich willkommen heißt. Seit über 50 Jahren lebt sie nun schon auf Burg Runkel. Ihr Ehemann Prinz Metfried zu Wied, der im Mai 2024 verstarb, hatte 1954 die damals halb verfallene Ruine übernommen – weil aus seiner Familie, deren Hauptsitz das Schloss Neuwied am Rhein ist, sonst keiner Lust dazu hatte. „Da hieß es Ärmel hochkrempeln, hat mein Mann immer gesagt. In der Anfangszeit hauste er mit einem Stuhl und einem Schlafsack in einem der Zimmer“, erzählt die Prinzessin lächelnd. Das schadhafte Mauerwerk musste saniert, Fachwerk freigelegt, Schieferdächer neu eingedeckt, Rohre verlegt, Bäder eingebaut und eine Heizung installiert werden. „Wir sind Burg und nicht Schloss“, betont die adelige Hausherrin. „Hier geht es viel weniger prächtig zu, als man gemeinhin vielleicht glaubt.“

Was sie trotzdem am Burgleben schätzt? „Den Platz!“, antwortet Prinzessin Felicitas spontan. „Und die Freiheit, sich auf die Burgstufen zu setzen und abends Musik zu hören ohne Nachbarn zu stören“, fügt sie hinzu, um sich gleich darauf zu entschuldigen – sie müsse nun zur Apfelernte. Felicitas zu Wied steigt aufs Fahrrad und radelt davon. Die Zeiten, als Adelige mit Kutschen durchs Lahntal reisten, sind definitiv vorbei.

Das Prinzenpaar in ihrem Burghof

Das Prinzenpaar zu Wied: Hausherr Metfried verstarb im Mai 2024. Seine Frau, Prinzessin Felicitas zu Wied, weilt nun allein auf Burg

Runkel, die sie zusammen mit ihrem Mann über Jahrzehnte saniert hat.

© Alexa Christ

Oranischer Witwensitz

Im repräsentativen Mehrspänner dürfte jedoch Sophie Hedwig Gräfin von Nassau-Diez 1632 in eben jenem Diez eingefahren sein. Das Residenzstädtchen an der Lahn, das direkt ans benachbarte Limburg grenzt, musste der korpulenten Gräfin wie ein Abstieg vorgekommen sein. Als Gattin von Ernst Casimir Graf von Nassau-Dietz und Statthalter von Friesland hatte sie bislang am eleganten Hof von Leeuwarden residiert. Dummerweise ließ sich der Gatte in der Schlacht von Roermond eine Kugel in den Kopf schießen. Ein Vertrag besagte nun, dass Sophie Hedwig ihr Witwendasein in Diez fristen müsse. Ein Schicksal, das über Generationen immer wieder Frauen der Familie Nassau ereilte.

Im 16. Jahrhundert hatte das Geschlecht der Nassauer die wichtige Erbschaft Oranien in den Niederlanden gemacht. „Die Oranierinnen herrschten hier in Diez selbständig. Sie prägten die Stadt architektonisch, sozial und gesellschaftlich“, unterstreicht Dr. Alfred Meurer, Museumsleiter im Grafenschloss, das mit seinen Giebeln und Zinnen steil über der Altstadt steht und ihre Silhouette noch heute bestimmt. Fürstin Albertine Agnes etwa gründete 1674 die erste Apotheke in Diez. Auch eine Vorstadt ließ sie errichten, den Handel mit den Niederlanden fördern, und weil ihre Residenz mehr Burg als prunkvolles Schloss war, legte sie den Grundstein für das prächtige Schloss Oranienstein nur wenige Kilometer entfernt. Ihre Schwiegertochter Henriette Amalie war die Erste, die das fertige Schloss 1709 bezog – und nach ihrem Tod einen Haufen Schulden hinterließ.

 Noch heute geben Rechnungen über Fleisch-, Holz- und Kerzenverbrauch Auskunft über üppige barocke Hofhaltung. Als ich abends bei Fackelschein mit Stadtführer Otmar Schüler die hübschen Gassen der Diezer Altstadt erkunde, lande ich irgendwann vor der Fürstengruft in der Stiftskirche und erfahre ein Detail aus dem Leben der Henriette Amalie, das Einblick in ihren Charakter gibt: „Hier ruhen ihre fünf unverheirateten Töchter“, erzählt Otmar. „Die müssen gar nicht schlecht ausgesehen haben. Eine sollte sogar einen preußischen Prinzen heiraten. Fürstin Henriette Amalie sollte bei der Trauung die Schleppe der Braut tragen, weigerte sich aber, weil sie nicht die Dienstmagd ihrer Tochter sein wollte. Daraufhin platzte die Hochzeit.“ Pech gehabt.

Ein großes Gebäude direkt am Fluss mit blühenden Blumen direkt davor

Belle Epoque-Grandezza: In Bad Ems kurte einst der europäische Hochadel in Grand Hotels wie dem Häckers.

© Shutterstock / Mojolo

Spa-Paradies des Hochadels

Hätte sich Henriette Amalie damals doch besser zur Kur nach Bad Ems begeben. Immerhin hatte sie dort das glanzvolle Fürstlich Oranien-Nassauische Badehaus errichten lassen, Vorgänger des heutigen Grandhotel Häckers. Eine entspannende Kur in den Thermalquellen am Unterlauf der Lahn hätte sie vielleicht langmütiger gemacht und die Heiratschancen der Tochter gewahrt. Bereits im Barock galt Bad Ems als einer der beliebtesten Badeorte Deutschlands. Im 19. Jahrhundert jedoch gaben sich der europäische Hochadel und berühmte Künstler – Schriftsteller, Komponisten, Sängerinnen und Tänzerinnen – hier die Klinke in die Hand. Das luxuriöse Hotel „Darmstädter Hof“ etwa, noch heute direkt an der Lahn gelegen, wurde 1870 komplett von der Zarenfamilie Romanow angemietet. Freilich erst, nachdem es einmal komplett renoviert und alle darin untergebrachten Geschäfte entfernt worden waren. Für vier Wochen zahlten die Romanows 4200 Taler. Das entsprach dem Jahresgehalt von zweihundert Dienstboten.

Das Epizentrum des gesellschaftlichen Lebens war jedoch der Marmorsaal des Kurhauses, in dem ständige Bälle, Soireen und Konzerte abgehalten wurden. Hier sang die berühmte „schwedische Nachtigall“ Jenny Lind, spielte der Teufelsgeiger Paganini und führte Komponist Jacques Offenbach kleine Einakter auf. Also alles ganz kultiviert? Nicht mal ein klitzekleiner Skandal? „Oh doch“, widerspricht Stadtführer Hans-Jürgen Sarholz. „Zar Alexander II kam regelmäßig mit seiner Mätresse Katharina, die er über Jahrzehnte liebte und mit der er vier Kinder hatte, nach Bad Ems. Im Museum haben wir sogar einen Liebesbrief von ihr.“ Wusste ich‘s doch! Adel verpflichtet eben.

Die Lahn in voller Pracht mit idyllischer Natur

Malerische Flusslandschaft: Die Lahn lässt sich prima mit dem Kanu erkunden. Alternativ kann man auch mit der „Lahnhexe“, einem Katamaran mit Wikingersegel, über den Fluss schippern.

© Alexa Christ
Der von Hecken gesäumte Eingang zur Burg Runkel
© Alexa Christ

Wandern

Wandern im Lahntal

Wer das ganze Lahntal von der Quelle bis zur Mündung in den Rhein erkunden will, hat dazu auf dem 295 km langen Lahnwanderweg die Gelegenheit. Die insgesamt 19 Etappen sind so gewählt, dass genug Zeit zum Genießen und Entdecken bleibt. Infos unter:

www.lahnwanderweg.de

 

Wer nicht so viel Zeit hat oder es kürzer mag, dem seien die so genannten Lahn-Facetten empfohlen. Die zertifizierten Kurz- und Rundtouren haben für jeden Geschmack etwas zu bieten und erkunden auch die idyllischen Seitentäler der Lahn wie das Mühlbachtal, das Dörsbachtal oder das Gelbachtal. Infos unter:

www.daslahntal.de

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